Leicht lesbare Lektüre - eine Bestandsaufnahme

Gedanken dazu ob und wie Leseförderung im Alltag von Erwachsenen vorhanden ist und eingebaut werden kann, was es mit Konzepten wie „Leichtes Lesen“ auf sich hat, wo man sie findet und auch nicht findet und inwiefern Literatur Menschen mit geringen Deutschkenntnissen unterstützen kann.

AutorIn: 
Peter Baier-Kreiner


Freut einen ja – so eine Einladung einen Text zur Leseförderung zu schreiben, gibt einem das Gefühl, man wäre vielleicht kompetent, und dass man in einer Einrichtung arbeite, die das sicher alles anbiete, versteht sich wohl von selbst; Leseförderung ist ja eine unserer Kerntätigkeiten, eine Stadt:Bibliothek ist eine Leseförderin per se, bei uns kannst Du alles: leicht lesen, superleicht lesen, mittelleicht lesen, halbschwer lesen, schwer lesen, superschwer lesen. Ist zumindest meine Vermutung. Und wird vermutlich auch stimmen so. Wenn ich unseren Bestand durchforste, um festzustellen, was wir alles haben, finde ich vieles, was auch tauglich ist für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen; das ist in erster Linie eine breite Palette an Sprachkursen und Lernhilfen, nach deren gewissenhaftem Studium man Sätze wie „Wo ist denn die Fernbedienung?“ oder „Welche Farbe hat deine Zahnbürste?“ formulieren kann ... Nützlich, aber literarisch wertlos.

 

Bestandsaufnahme – was es gibt und nicht gibt

Wenn ich unseren Bestand durchforste, um festzustellen, was wir alles nicht haben, werde ich leider auch fündig; zum Beispiel haben wir kaum leicht lesbare Literatur für Erwachsene, die der deutschen Sprache nicht oder kaum oder noch nicht mächtig sind, abgesehen von einigen vereinfachten Texten, die wiederum bei den Lernhilfen zu finden sind; die Erklärung dafür ist so einfach wie bedauerlich: Es gibt kaum etwas in dieser Richtung auf dem Markt.

Im Internet findet man übrigens auch vieles, was es nicht gibt – z.B. Verlage, die Literatur für Erwachsene in einfacher Sprache anbieten; der deutsche Verlag „Spaß am Lesen“ ist da eine Ausnahme, er verlegt literarische Texte; bekannte Klassiker, aus dem Deutschen wie auch ins Deutsche übersetzt, Erzählungen und Krimis werden publiziert, sogar eine Zeitung erscheint regelmäßig. Sollte man sich merken!

 

Dafür findet man im Internet viele gut gemeinte und auch wirklich gute und auch wirklich wichtige Informationen in leichter Sprache, von Einrichtungen aller Art; vom Land Tirol zum Beispiel, auf www.tirol.gv.at/leicht-lesen, zu Themen wie barrierefreies Bauen, Wohnbauförderung oder einfach zu Tirol, etwa zum Tiroler Landeswappen; weiterführende Informationen zum Tiroler Landeswappen oder zur Landeshymne sind dann allerdings nur in schwerer Sprache abrufbar ... Schade irgendwie. So schaut´s aus. Realistisch und daher ein bisschen ernüchternd. Wenig Angebot für „Leichtes Lesen“ in Printform, zumindest wenig literarisches. Auch schade irgendwie! ... Killt mir meinen Artikel.

 

Vom Deutschkurs zu literarischen Lesungen

Bleibt da noch der Veranstaltungsbereich, mittlerweile natürlich längst ebenfalls ein zentraler Bereich in vielen Öffentlichen Bibliotheken; den Zeichen der Zeit folgend, bieten viele Öffentliche Bibliotheken nicht mehr nur die klassische Lesung an, sondern auch (Deutsch-) Kurse aller Art, vor allem seit dem Einsetzen der großen Flüchtlingsströme vor gut einem Jahr. Erworben werden in diesen Kursen naturgemäß notwendige Grundkenntnisse, und das macht ja auch Sinn! Literarischer Natur sind diese Grundkenntnisse – ebenfalls naturgemäß – eher selten. War´s das mit Angeboten für Erwachsene auf diesem Sektor? ... Ich fürchte, ja.

Ich werde über diesen Artikel und die gewünschten Themen nachdenken müssen. ... Für Vorschläge bin ich natürlich offen.

 

Darüber hinaus bin ich ein hoffnungsloser Verfechter der guten alten Lesung als einer der besten Formen von Literaturvermittlung schlechthin; weil ich glaube, dass der Kontakt zum Buch über den Kontakt zur Autorin/zum Autor ausgelöst werden kann; dass die Neugier auf eine zweite Buchseite wächst, wenn mir jemand die erste Seite vorgelesen hat; dass Vorlesen die Lust aufs Selber-Lesen wecken kann. Nicht wirklich neu, der Gedanke, aber vielleicht auch gültig für Menschen, deren Lesefähigkeiten erst geweckt, gefördert, gestärkt werden müssen, egal, ob sie nun leseschwach, leseunkundig oder einfach nur lesefaul sind. Vielleicht ist das ja ein Ansatz für Öffentliche Bibliotheken: zumindest ab und zu Lesungen für diese breite Zielgruppe anzubieten, nicht nur Lerneinheiten, sondern Unterhaltungseinheiten, und warum nicht auch für Menschen mit geringen Deutschkennnissen? ... Für sekundäre AnalphabetInnen genauso wie für MigrantInnen!

 

 

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