Leseförderung in der multimedialen Schulbibliothek

Schulbibliotheken erfüllen heutzutage zahlreiche Aufgaben, um den Erwerb von Informations-, Recherche-, Medien- und Lesekompetenz zu unterstützen. Als zentraler Ort des Lesens innerhalb des komplexen Schulkosmos hat die Schulbibliothek die große Chance, eine umfassende Lesekultur zu etablieren und die Lesemotivation und Lesekompetenz aller SchülerInnen zu stärken.

AutorIn: 
Helga Simmerl


Wenn junge SchülerInnen erstmals die Bibliothek ihrer Schule betreten, ist ein Gefühl stets allgegenwärtig: die Neugier auf die dargebotenen Medien und die Freude darüber, das erste Buch, das erste Comic oder die erste DVD ausleihen zu dürfen. Doch die Zugänge zum Lesen an sich und zu Bibliotheken im Allgemeinen ändern sich klarerweise im Laufe des Älterwerdens. So ist es das Bestreben der Schulbibliothek, einerseits die Lesefreude zu fördern und andererseits die selbstverständliche Nutzung der Bibliothek als Bildungs-, Kultur- und Freizeiteinrichtung im Alltagsleben der Jugendlichen zu verankern.

 

Lesefreude erleben

  • Atmospäre: Schulbibliotheken haben das Potenzial, Lesekultur und Lesefreude an einer Schule wesentlich mitzugestalten. Eine gemütliche und entspannende Atmosphäre macht die Schulbibliothek zu einem besonderen Ort in einem Schulgebäude. Ein Lesesessel, eine gemütliche Lesecouch oder gar eine Leseliege schaffen für SchülerInnen Möglichkeiten des individuellen Rückzugs mit einem Buch, einer Zeitschrift oder einem E-Reader in der Betriebsamkeit des Schulalltags.
  • Präsentation: Kreative Präsentationsformen machen zudem neugierig und helfen die Leselust zu steigern. So können beispielsweise neue Bücher in der Vorweihnachtszeit, mithilfe einer Schleife als „Päckchen in der Bibliothek verteilt, besondere Anreize bieten. Ebenso verführen spezielle Regale, die (temporär) einem übergeordneten Thema gewidmet sind (z.B. „Boys Only“, „Sport und Spiel“, „Zum Verlieben“), zum Schmökern.
  • Aktion: Das Spektrum an Aktivitäten, die von SchulbibliothekarInnen im Laufe eines Schuljahres rund um das Lesen initiiert werden, ist breit gefächert. AutorInnenlesungen in der Schule stellen für die meisten SchülerInnen die erste persönliche Begegnung mit einem Autor/einer Autorin dar. Das Interesse an Literatur des geladenen Autors/der geladenen Autorin ist nach einer Lesung immer besonders groß. Aber auch Vorlesestunden (von LehrerInnen, DirektorInnen, Eltern, Großeltern, SchülerInnen …), Literaturcafés (z.B. zur Präsentation junger AutorInnen der eigenen Schule), Buchausstellungen oder Bücherbasare animieren zum Lesen.
  • Medienvielfalt: Ob Bücher, E-Reader, Zeitschriften, DVDs, CDs oder Internetzugang – die Medienvielfalt in der multimedialen Schulbibliothek soll einerseits die Medienwelt der Kinder und Jugendlichen widerspiegeln und andererseits zur Nutzung der unterschiedlichsten Medienformate anregen.

 

Lesen als Schlüssel zur eigenen Lebenswelt entdecken

Ob Spannung, Entspannung oder Wissenserwerb – die Relevanz und die Funktion des Lesens verändern sich im Laufe des Älterwerdens. Für die Förderung der Lesemotivation von Kindern und Jugendlichen ist daher eine Vielfalt an Lesestoffen wie auch Lesemedien in der Schulbibliothek von zentraler Bedeutung.

  • Medien: Beim Medienankauf stehen SchulbibliothekarInnen somit im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen des entsprechenden Bildungsauftrags einer Schule (z.B. Schwerpunkt Tourismus, Technik, Umwelt, Sport etc.) und dem Anspruch, das individuelle Leseinteresse mit Texten aktueller Kinder- und Jugendliteratur bestmöglich zu fördern.
  • Pädagogisches: Die Schulbibliothek hat das Potenzial, schülerzentriertes, handlungsorientiertes Lernen in einem größeren Rahmen zu ermöglichen. Im Zuge von projektorientierten, offenen Lernaufträgen können SchülerInnen in der Schulbibliothek selbstständig Information sammeln, bewerten und verarbeiten, wobei der Umgang mit digitalen Medien und Printmedien gleichermaßen geübt wird. Bei der Literaturvermittlung kann die Schulbibliothek neben den oben beschriebenen Anreizen v.a. beim Lesen im Klassenverband Alternativen zur herkömmlichen Klassenlektüre bieten. Erst die individuell gewählte Lektüre wird den unterschiedlichen Lesekenntnissen und Leseinteressen der SchülerInnen gerecht. BibliothekarInnen können bei der Auswahl beratend unterstützen bzw. durch die Aufstellung der Medien, z.B. nach Interessenskreisen, eine gute Orientierungshilfe bieten. Webbasierte Programme zur Leseförderung (z.B. Antolin) sind eine gute Ergänzung zum individuellen Lesen.

 

Selbstständigkeit durch Lesen erfahren

Eine wesentliche Intention schulbibliothekarischer Arbeit ist, dass SchülerInnen erfahren, was ihnen Lesen für ihre eigenen Ziele und Interessen ermöglicht. Durch die Förderung und Festigung guter Lesegewohnheiten, sowie den Erwerb geeigneter Methoden, um sich selbstständig Wissen anzueignen, leistet die Schulbibliothek einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Lernkompetenz.

  • Recherche: Selbstständiger Wissenserwerb benötigt Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es den Lernenden ermöglichen, sinnvolle Suchstrategien anzuwenden und Ressourcen zu bewerten. Gerade auch im Hinblick auf die Vorwissenschaftliche Arbeit (AHS) und die Diplomarbeit (BHS) im Rahmen der neuen Reifeprüfung ist der gezielte Aufbau von Recherchekompetenz bei SchülerInnen der Sekundarstufe II von besonderer Bedeutung.
  • Vernetzung: Der Erwerb von bibliothekarischen Grundfertigkeiten in der Schulbibliothek ist aber auch eine wichtige Voraussetzung für vertiefende Rechercheschulungen in öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken. In der Schulbibliothek können SchülerInnen die einzelnen Schritte einer Literaturrecherche kennen lernen und festigen. Ein kritischer Umgang mit den Suchergebnissen ist dabei ebenso wichtig wie deren Dokumentation mittels Online-Tools (z.B. Bookmerken, Delicious) oder das Einschätzen von Quellen bezüglich ihrer Brauchbarkeit in verschiedenen Arbeitsphasen der Recherche. Eigens entwickelte Modellrecherchen stehen den Schulbibliotheken als Unterstützung zur Verfügung (siehe weiterführende Literatur). Durch eine derartige Kooperation von Schulbibliothek und Öffentlicher Bibliothek können SchülerInnen optimal gefördert werden.

 

Literatur:

  • Margit Böck u.a.: Praxismappe Lesen. Unterrichtsbeispiele für die Förderung der Lesemotivation von Mädchen und Buben in der 5. und 6. Schulstufe. Wien: 2009. 
  • Markus Fritz: Innovative Schulbibliotheken. In: Wege zu pädagogisch gestalteten Lehr- und Lernräumen. Bozen 2013, Heft 03. OECD (2010c). PISA 2009 Results. Learning to Learn. Student Engagement, Strategies and Practices. Volume III. Paris: OECD.
  • Ferdinand Gschwendtner, Helga Simmerl u.a.: Modellrecherchen für Schulbibliotheken. Wien: 2014. 

 

 

 

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