Lebensgeschichten erzählen

Biografien liegen im Trend. Öffentliche Bibliotheken bieten spannenden Lesestoff und schaffen zugleich faszinierende Zugänge zu „ganz normalen“ Lebensgeschichten – in Erzählcafés,  bei Zeitzeugengesprächen oder über die Begegnung mit „lebenden Büchern“.

AutorIn: 
Silke Rabus


Menschen interessieren sich für Menschen. Nicht ohne Grund boomen daher Biografien, Autobiografien oder Tagebücher in öffentlichen Bibliotheken: Reihe für Reihe füllen sie die Regale und werden beständig ausgeliehen. Lebensschicksale berühren einfach. Vor allem die Erinnerungen von Prominenten erweisen sich dabei als besonders zugkräftig. Sie ermöglichen den fesselnden Blick hinter die Kulissen des öffentlichen Lebens und liefern bewegende Einblicke in private Erlebnisse.

 

Buchpräsentationen

Bekannte SportlerInnen, PolitikerInnen oder SchauspielerInnen zu treffen, birgt noch einen zusätzlichen Reiz. Viele Menschen sind begeistert, wenn berühmte Personen aus ihrem Leben erzählen. Mit Buchpräsentationen, Lesungen und Diskussionsrunden machen öffentliche Bibliotheken solche Begegnungen immer wieder möglich.

 

ZeitzeugInnen im Gespräch

Von den Höhe- und Tiefpunkten eines anderen Lebens zu erfahren, geht dabei nahe. Oft genug verändert sich auch die eigene Sichtweise. In besonderem Maße erlebt man das bei Menschen, die von ihren Erfahrungen im historischen Kontext berichten. Wie war das „damals“ wirklich – im Nationalsozialismus oder in den Aufbaujahren? In Diskussionsrunden oder bei Erinnerungsveranstaltungen lassen ZeitzeugInnen nicht nur die Vergangenheit wieder aufleben, sondern warnen auch vor schwerwiegenden Fehlern. Damit sich eine Katastrophe, wie beispielsweise die des Zweiten Weltkrieges, nicht mehr wiederholt, muss man davon erzählen. Geschichte darf nicht vergessen werden. Geschichten unterstützen dabei.

 

Living Library

Die sogenannte „Living Library“ ist ebenfalls ein interessantes Veranstaltungskonzept rund um das biografische Erzählen. Öffentliche Bibliotheken präsentieren sich hier mit einer ganz besonderen Serviceleistung: LeserInnen leihen sich nicht Medien, sondern ­– vor Ort und für eine kurze Zeit ­– Menschen aus, die aus ihrem Leben erzählen. Diese „lebenden Bücher“ gehören oft Minderheiten an, mit denen man im Alltag kaum Kontakt hat. So kommt man mit Flüchtlingen ebenso ins Gespräch wie mit Behinderten oder anderen Randgruppen. Doch auch die Lebensgeschichten eines Imkers, einer Geigenbauerin oder eines Naturwissenschaftlers bieten sich als spannende „Lektüren“ an. Eines ist jedenfalls klar: Nach einer solche Begegnung haben Vorurteile ein schweres Spiel.

 

Erzählcafés

„Erzähl mir aus deinem Leben!“ Unter diesem Motto stehen wiederum Erzählcafés, in denen sich Menschen über ihre Erinnerungen austauschen. Gezielte Fragen liefern den Stoff für Geschichten: Wie wurde früher gewaschen oder gekocht? Welche Spiele spielte man als Kind? Waren geschichtliche Ereignisse für das eigene Erleben prägend? Auch Fotos, Werbeplakate oder technische Geräte – wie alte Schreibmaschinen und Telefone – schaffen die Verbindung zu längst vergangenen Zeiten und offenbaren Ressourcen für die Zukunft. Dass das gemeinsame Erinnern Vergnügen bereitet, zeigt sich dabei immer wieder. Zugleich ergeben sich spannende Begegnungen, mitunter auch zwischen den Generationen. Regelmäßige Erzählcafés in der Bibliothek bereichern damit nicht nur die TeilnehmerInnen, sondern setzen auch Anker im steten Fluss der Zeit.

 

Schreibseminare und Ausstellungen

Sich Biografien – eigenen wie fremden ­­– schreibend zu nähern, ist ebenfalls eine intensive Erfahrung. Immer wieder liefern AutorInnen oder BiografInnen in Workshops spielerische Ideen, wie man seine eigene Geschichte oder die seiner Vorfahren niederschreibt. Wie sammelt man Erinnerungen? Wie findet man den roten Faden im Leben? Und wie recherchiert man historische Ereignisse? Fragen wie diese lassen sich besonders leicht in Bibliotheken beantworten. Ihr reiches Medienangebot machen sie nicht nur zu ausgezeichneten Lesestätten, sondern auch zu idealen Schreiborten. Biografien können aber auch wunderbar in Bildern präsentiert werden. Eine Fotoausstellung mit Porträts interessanter Persönlichkeiten aus dem Dorf gibt beispielsweise nicht nur anregende Einblicke in das Leben anderer Menschen, sondern kann auch zu eigener Kreativität inspirieren.

Biografien sind interessant – egal, ob es sich um erfundene oder tatsächlich erlebte Lebensgeschichten handelt. Und welche Orte eignen sich mehr dazu, diesen Geschichten lesend, erzählend oder schreibend auf die Spur zu kommen, als Bibliotheken?

 

Links:

 

 

Zurück ...