Andere Orte, andere Zeiten

Neue Leseorte, ungewöhnliche Veranstaltungszeiten oder auch einmal ein Marionettentheater statt der üblichen Autorenlesung können neuen Schwung in die Bibliotheksarbeit bringen. Bei aller Attraktivität solcher Programme gilt es jedoch auch, den möglichen Mehraufwand abzuschätzen.

AutorIn: 
Silke Rabus


Will man andere Publikumsschichten ansprechen oder die Presse mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion auf sich aufmerksam machen, kann die Wahl unbekannter Leseorte, ungewöhnlicher Zeiten oder besonderer Veranstaltungsformen eine gute Alternative zum gewohnten Veranstaltungsprogramm bieten. 

 

Lesen an einem anderen Ort?

Attraktive Veranstaltungsorte finden sich fast überall. Ob Gasthäuser, Cafés, Biergärten, Weinkeller, Marktplätze, Buchhandlungen, Fabrikhallen, Parks, Museen, Zelte, Bahnhöfe, Friedhöfe, Schlösser, Kinos oder Schiffe: Eine Lesung muss nicht immer in der Bibliothek stattfinden; auch ein Literaturspaziergang durch die Stadt oder eine Tour mit dem Fahrrad zu sagenhaften Plätzen in der Region können sich als reizvolle Alternativen zum gewohnten Veranstaltungsort anbieten.

 

Veranstaltungen in einem unbekannten Umfeld werfen allerdings schon im Vorfeld viele Fragen auf: Gibt es einen Gas- und Stromanschluss? Wie ist es um die sanitären Anlagen bestellt? Kann man auf ein Schlechtwetterquartier verweisen? Wie sind die akustischen Rahmenbedingungen? Welche Genehmigungen benötigt man? Entstehen Zusatzkosten durch die Erschließung neuer Leseorte? Oder muss man den Ort eigens ausschildern?

 

Das Ausweichen auf Räumlichkeiten außerhalb der Bibliothek ist zudem nicht immer der Weisheit letzter Schluss: Bei Kooperationen kann es nämlich durchaus passieren, dass am Ende nur der Mitveranstalter dem Publikum in Erinnerung bleibt – nicht aber die eigene Bibliothek.

 

Literatur mitten in der Nacht? 

Reizvoll für das Publikum sind oft auch ungewohnte Zeiten. Frühschoppen oder Sonntagsmatinee, Lesenacht oder mehrtägige Veranstaltung: Es gibt viele Möglichkeiten, LeserInnen außerhalb der üblichen Uhrzeiten zu einer Veranstaltung zu locken. Wie wäre es beispielsweise mit einer Lesung zur Mittagszeit im örtlichen Wirtshaus oder mit dem Besuch der Bibliothek mitten in der Nacht? Bedenken muss man allerdings, dass eventuell Sondergenehmigungen eingeholt werden müssen oder der Jugendschutz zum Tragen kommt. 

 

Werkstattgespräch oder Performance? 

Die klassische Autorenlesung hat sich bewährt und wird auch weiterhin einen zentralen Platz in den Programmschienen öffentlicher Bibliotheken einnehmen. Wieso aber nicht auch einmal eine neue Veranstaltungsform wagen? Das gefällt dem Publikum ebenso wie der Presse. Literatur lässt sich kombinieren, beispielsweise mit Musik, Film, Tanz, Hörspiel oder Performance. Mal-, Zeitungs- oder Schreibwerkstätten ziehen besonders Jugendliche an. Literaturwanderungen außerhalb der Bibliothek schaffen eine außergewöhnliche Atmosphäre und interessieren auch breitere Zielgruppen. Und Gemeinschaftslesungen können ziemlich lustig sein, wenn die Chemie zwischen den AutorInnen – beispielsweise regionalen Dialektdichtern  – stimmt. 

 

Bei aller Euphorie sollte man jedoch bedenken, dass sich sich eine erfolgreiche Programmarbeit oft erst langfristig auswirkt. Sollten hierzu die finanziellen oder zeitlichen Mittel fehlen, sind wenige, dafür aber herausragende Literaturveranstaltungen sicherlich spannende Alternativen. 

 

 

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