Lesen hinter Gittern
Bereits 2013 ist die damalige „Vollzugsdirektion des Bundesministeriums für Justiz (BMJ)“ in Wahrnehmung ihrer Gesamtverantwortung für die Einrichtungen des Strafvollzugs in Österreich an uns mit dem Wunsch nach Unterstützung bei einer systematischen Aufwertung und teilweisen Neuausrichtung der Anstaltsbibliotheken in den 27 Justizanstalten Österreichs herangetreten.
Ab dem Jahr 2014 wurde dann mit der Umsetzung einer Reihe von gemeinsam geplanten Projekten begonnen, deren wichtigste sind:
- Durchführung von Bestandsrevisionen in allen Anstaltsbibliotheken
- Maßnahmenpaket zur Aufwertung des deutschsprachigen Medienangebotes
- Maßnahmenpaket zur Erhöhung von Sicherheitsaspekten beim fremdsprachigen Medienangebot
- Moderne Bibliotheksverwaltungsprogramme für alle Anstaltsbibliotheken
- Testphase: E-Book-Reader in Anstaltsbibliotheken
Durchführung von Bestandsrevisionen in allen Anstaltsbibliotheken
Bereits 2014 haben wir in allen 27 Anstaltsbibliotheken umfangreiche Bestandsrevisionen durchgeführt, mit dem Ziel vor allem veraltete oder nicht angemessene Titel aus den deutschsprachigen Beständen zur Ausscheidung vorzuschlagen. Insgesamt wurden von uns mehr als 180.000 Bücher durchforstet und dabei mehr als 30.000 Titel nach zuvor gemeinsam festgelegten Kriterien ausgemustert.
Maßnahmenpaket zur Attraktivierung des deutschsprachigen Medienangebotes
Gleichzeitig war geplant, den meist als schmerzhaft empfundenen Abgang durch gezielte Neuzugänge in besonders stark nachgefragten Bestandsbereichen zu ersetzen. Durch die kontinuierliche Zuteilung von Buchpaketen aus den Bereichen Bestseller Belletristik und Sachbuch/Ratgeberliteratur konnte damit eine gewisse Bestandsauffrischung erreicht werden. Als Basisinformation für Medienankaufsentscheidungen durch die Verantwortlichen der jeweiligen Einrichtung stellen wir diesen mittlerweile auch zwei Mal jährlich einen speziellen Newsletter mit Medienempfehlungen zur Verfügung.
Maßnahmenpaket zur Erhöhung von Sicherheitsaspekten beim fremdsprachigen Medienangebot
Fremdsprachige Medienangebote haben in den Anstaltsbibliotheken einen hohen Stellenwert. Gleichzeitig stellt ihr Aufbau und ihre Pflege die Verantwortlichen, wenn diese auf sich allein gestellt sind, vor fast unlösbare Probleme. Mittlerweile konnten vor allem bei fremdsprachigen Druckwerken, die nicht in lateinischer Schrift abgefasst sind, die oftmals durch Schenkung entstandenen Altbestände durch die Bereitstellung „qualitätsgesicherter“ Buchpakete abgelöst werden.
Moderne Bibliotheksverwaltungsprogramme für alle Anstaltsbibliotheken
2016 wurde auch mit der Ablöse der Vielzahl an vorhandenen, aber in vielen Fällen leider auch veralteten oder auf nicht mehr wartbaren Eigenentwicklungen basierender IT-Lösungen zur Verwaltung der Medienbestände und der Abwicklung der Entlehnvorgänge begonnen. Dazu konnte jede sich Anstaltsbücherei für eines von zwei angebotenen Bibliotheksverwaltungsprogrammen frei entscheiden:
WinLib, eine Eigenentwicklung der Justizanstalt Wien Simmering und Littera, ein bewährtes Programm gerade auch für kleinere Einrichtungen.
Testphase: E-Book-Reader in Anstaltsbibliotheken
2016 wurden im Rahmen eines Pilotprojekts auch erste Erfahrungen mit dem Verleih von thematisch bespielten e-Book-Readern durch die Anstaltsbüchereien gesammelt. Dazu wurden drei ausgewählten Justizanstalten jeweils vier e-Book-Reader für die Dauer von sechs Monaten für den Verleih an Insassen zur Verfügung gestellt. Die Lesegeräte sind den Sicherheitsnotwendigkeiten entsprechend (z.B. kein WLAN-Zugang damit möglich), ausgewählt und mit jeweils ca. 50 Buchtiteln aus den Bereichen Literatur, Krimi, Sachbuch, Fremdsprachen bespielt worden. Die Testphase hat sehr positive Ergebnisse erbracht, sodass man davon ausgehen kann, dass der Bereich der E-Medien in Zukunft wahrscheinlich eine größere Bedeutung in den Anstaltsbibliotheken haben wird.
Die vielfältigen und teils ungewohnten Anforderungen an das Büchereiservice des ÖGB waren in den letzten Jahren manchmal eine ziemliche Herausforderung für uns. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb werden wir auch weiterhin in der Kooperation mit der heutigen „Generaldirektion für den Strafvollzug“ im BMJ all unsere Kraft gerne dafür einsetzen, dass das Lesen hinter Gittern attraktiv bleibt und damit einen Beitrag zu einem modernen und humanen Strafvollzug leistet.