Kunst & Kultur in Buchform

Zwischen Coffeetable Book und Fanzine: Buchpublikationen aus dem Segment Kunst - Musik - Film - Tanz - Theater führen ein Dasein zwischen Opulenz und interessierter Fangruppenleserschaft.

AutorIn: 
Alexander Kluy


Die Kunst hat es nicht übermäßig gut im Buchmarkt. Drei Dutzend auf bildende Kunst, Design und Architektur spezialisierte Fachbuchhandlungen im gesamten deutschsprachigen Raum, zwischen Zürich und Berlin, München und Wien, gibt es heute noch. Hinzu kommen die so genannten Museumsshops, über die in unterschiedlicher Größe und Güte und Sortimentsbreite inzwischen nahezu ein jedes Ausstellungshaus verfügt.

 

Auch die Zahl der Kunst-, Bild-, Design- und Architekturverlage ist überschaubar, selbst wenn immer wieder Neugründungen entstehen, etwa in Berlin der sich auf Graphic Design fokussierende Verlag Die Gestalten.(1) Es gibt einerseits Traditionsunternehmen wie Hirmer (München), Hatje (Ostfildern bei Stuttgart) und Prestel (München), letzterer seit mehreren Jahren zur Random House Gruppe gehörig, sowie den inzwischen wieder unabhängigen und in Familienbesitz befindlichen Brandstätter Verlag in Wien. Dazu kommen andererseits einige kleinere Verlage wie Wienand, Kerber, Sandstein, Lars Müller, Arnoldsche Verlagsanstalt, Jovis, Nicolaische Verlagsanstalt, Schnell + Steiner, Anton Pustet (Salzburg) oder Berger (Horn), die auf Fotografie spezialisierten Verlage Steidl, Edition Braus und Schirmer-Mosel sowie der sich auf Typografie und Buchkunst konzentrierende Verlag Hermann Schmidt.

 

Das traditionelle Kunstbuchprogramm des DuMont Buchverlags (mit dem legendären Motto "Man sieht nur, was man weiß"), 1956 gegründet und im Besitz der Kölner Zeitungsdynastie DuMont-Schauberg, rückte nach Schaffung eines literarischen Programms 1997 innerhalb des Verlags zusehends an den Rand. Dieses Segment wurde, nach dem Verkauf der Abteilung DuMont-Kunstbuchreiseführer an einen Konkurrenzverlag, Ende 2012 erst stark reduziert, wenig später endgültig eingestellt.

 

Die Besonderheit von Kunst- und Fotobuchverlagen besteht darin, dass sie bei ihren bildstarken Publikationen in der Regel eng mit Museen, Kunstgalerien und anderen Institutionen zusammenarbeiten. Nicht selten legen sie Bände vor, die in enger Abstimmung mit Museen entstehen und deren Ausstellungen begleiten. Diese Bände erscheinen in unterschiedlichen Ausgaben, als preisgünstigere broschierte Ausgabe im jeweiligen Museum wie als gebundene Edition im Buchhandel. Ergänzend dazu werden zunehmend Lifestyle-Themen verpflichtete so genannte Coffeetable Books veröffentlicht, die luxuriös ausgestattet sind und in erster Linie in visueller Hinsicht zu überzeugen vermögen.

 

Eine Ausnahme seit seiner Gründung im Jahr 1980 durch den damals 19-jährigen Benedikt Taschen ist der Taschen Verlag, dessen Zentrale sich noch heute in Köln am Rhein befindet. Dieses Unternehmen reüssierte in den ersten 20 Jahren seines Bestehens auf Grund außerordentlich preisgünstiger Bücher in ungewöhnlich hohen Auflagen, die Kunst, Architektur und Design in Buchform einem Publikum zugänglich machte, das bis dato vor den hohen Ladenpreisen von Kunstbüchern zurückgeschreckt war. Hinzu kam ein branchenunüblich aggressives und flächendeckendes Marketing. Mittlerweile agiert der Verlag weltweit, seine Bücher erscheinen weiterhin mehrsprachig. Taschen unterhält heute Dependancen und eigene Verkaufsshops in mehreren Großstädten auf mehreren Kontinenten und verkauft pro Jahr rund 20 Millionen Exemplare.(2) Seit mehreren Jahren konzentriert sich der Taschen Verlag auch auf die Produktion exorbitant teurer Bände, etwa Helmut Newtons "Sumo" oder "Greatest of All Times – Eine Hommage an Muhammad Ali", die sich zu Sammelobjekten entwickelt haben.


Dieses Konzept hat mit weniger Erfolg der Könemann Verlag kopiert, auf den Ludwig Könemann nach seiner Insolvenz den Frechmann Verlag folgen ließ. Der Potsdamer h. f. ullmann Verlag hat in seinem Programm ebenfalls opulente Bildbände über unterschiedliche Epochen der Kunst zu teils ungewöhnlich niedrigen Preisen.

 

Musik

Der Berliner Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus (1926 - 1989) konnte noch zu Lebzeiten anspruchsvolle Bücher über Musik und Musiker auch in größeren Publikumsverlagen platzieren, etwa bei den Verlagen Piper oder Carl Hanser.

 

In den Programmen solcher Verlagsunternehmungen finden sich noch immer Musikbücher, zumeist jedoch eher biographische Darstellungen von bekannten Komponisten, beispielsweise Johann Sebastian Bach oder Ludwig van Beethoven, von Interpreten auch der Jazzmusik wie Keith Jarrett oder Miles Davis, aber auch Bände, die praktizierende oder an Hochschulen lehrende MusikerInnen und KomponistInnen verfasst haben, etwa Leonard Bernstein und Hans Zehnder, Hélène Grimaud, Daniel Hope oder Daniel Barenboim.(3) 

 

Populäre Musik aus dem Bereich der Pop- und Rockmusik hat seit Längerem eine Heimstatt im Hannibal Verlag, vormals St. Andrä, heute Innsbruck. Fachwissenschaftler bevorzugen die eher akademisch ausgerichteten Verlagshäuser Schott oder Laaber.

 

Film und Fernsehen

In den 1970er Jahren rief der Münchner Carl Hanser Verlag eine Filmbuchreihe ins Leben, die rund 20 Jahre lang existierte. Dabei handelte es sich um Einführungen in Werk und Leben wichtiger Regisseurinnen und Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler. Auch im Taschenbuchsektor des Wilhelm Heyne Verlags wurden einige Jahre lang informative Bände über Filmschaffende veröffentlicht.

 

Inzwischen ist dies ein Bereich für kleinere und kleine Verlagshäuser wie etwa den Bertz+Fischer Verlag in Berlin. Dieses Haus legt Bücher von Filmpublizisten und Filmkirtikern über die Werkkomplexe einzelner Regisseure wie über genreübergreifende Epochendarstellungen, etwa über den Postnazismus in Film und Populärkultur, vor. Der Verlag Diaphanes (Zürich und Berlin) hat vor kürzerem die Reihe booklet lanciert, in dem populäre, zugleich avancierte US-amerikanische TV-Serien, von "Dr. House" über "The Wire" und "Seinfeld" bis "Sex and the City" und "Six Feet Under", analysiert und ausgeleuchtet werden.(4)

 

Theater und Tanz

Theater und Tanz ist ein Themenkomplex, für den sich der Buchmarkt nur in Maßen aufgeschlossen zeigt. Seit seiner Gründung 1983 allerdings ist der Alexander Verlag, Berlin, dem von anderen Verlagen damals wie heute vernachlässigten Bereich der Literatur über Tanz und Theater gewidmet. So finden sich in seinem Programm praktische Anleitungen (Michael Shurtleff und Keith Johnstone: Vorsprechen) ebenso wie wegweisende theoretische Abhandlungen, darunter die Maßstab setzende Monografie "Der leere Raum" des Theaterregisseurs Peter Brook.(5)

 

Anmerkungen:

(1) https://shop.gestalten.com

(2) https://web.archive.org/web/20130305011132/http://www.ftd.de/karriere/karriere/:kreative-zerstoerer-9-benedikt-taschen-bilderbuchkarriere/450511.html

(3) John Eliot Gardiner: Bach. Musik für die Himmelsburg, Hanser 2014; Jan Caeyers: Beethoven. Der einsame Revolutionär, C. H. Beck 2. Aufl. 2013; Wolfgang Sandner: Keith Jarrett, Rowohlt 2014; Hans Zehnder: Waches Hören. Über Musik, Hanser 2014; Jonathan Cott: Leonard Bernstein. Kein Tag ohne Musik, Edition Heidenreich 2012; Hélène Grimaud: Das Lied der Natur. Romantische Fantasien, C. Bertelsmann 2014; Daniel Hope: Familienstücke, Rowohlt 2007; Daniel Barenboim: Musik ist alles und alles ist Musik, Berlin Verlag 2014

(4) https://www.diaphanes.net/reihe/detail/33

(5) https://www.alexander-verlag.com

 

 

 

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