Über das Illustrieren und Schreiben von Bilderbüchern

Helga Bansch gibt Einblick in ihre Arbeit als Kinderbuchillustratorin und Autorin. Sie erläutert, wie sie an das Illustrieren und Schreiben von Büchern herangeht, ihre Ansprüche an ein Buch und woher sie ihre Inspirationen nimmt.

AutorIn: 
Helga Bansch


Ich bin Illustratorin und Autorin von Bilderbüchern. Ganz bewusst nenne ich Illustratorin zuerst, weil ich mehr Bücher illustriere als schreibe. Das Illustrieren hat sich aus meiner Leidenschaft zur Malerei und durch die freie bildnerische Arbeit ergeben. Das Schreiben ist im Laufe der Zeit durch die jahrelange intensive Beschäftigung mit Kinderliteratur hinzugekommen.

 

Über das Illustrieren

Als Illustratorin bin ich an einen Text gebunden. Es wird eine Geschichte erzählt. Und diese möchte ich mit Bildern interpretieren, ergänzen oder bereichern. Ein Text ist für mich gut, wenn er vor meinem inneren Auge sofort Bilder entstehen lässt. Um sie herum baue ich dann die weiteren Illustrationen auf. Ich beginne also meist mit Skizzen zu Szenen mitten aus dem Text.

 

Ich mag Texte, die mir erlauben, mit Bildern eigene Geschichten zu erzählen, und die mir größtmögliche Freiheit lassen. Es ist schön, wenn ich mich ganz der Stimmung hingeben und vom künstlerischen Aspekt an die Sache herangehen kann. Ein Text hat für mich dann Potential, wenn ich meine bevorzugte Technik wählen und meine Assoziationen ungehindert zum Bild werden lassen kann. Er lässt mir die Möglichkeit, meine Gefühle darzustellen und behindert nicht meine Phantasie und Ideen. Hat man so einen Text, ist das Illustrieren beglückend, die Herausforderung spannend und motivierend.

Bilderbuchtexte, die mir wenig künstlerischen Freiraum lassen, illustriere ich nur ungern oder kaum. Auch Arbeitsbedingungen, bei denen AutorInnen oder Verlage „ihre“ bildnerischen Vorstellungen umgesetzt haben wollen, versuche ich zu vermeiden.

 

Für mich ist eine gute Bilderbuchillustration „in einem Guss“ gemacht. Das heißt, die Stimmung, in die man beim Anschauen und Lesen versetzt wird, sollte durchgehend gehalten werden. Trotzdem muss jede Seite eine Überraschung sein und neugierig machen. Dazu ist es wichtig, Perspektiven zu wechseln, ungewöhnliche Ansichten zu bieten und farblich interessant zu sein. (Beispiel: „Die Brücke“ mit Heinz Janisch, Jungbrunnen, 2010). Technik und Stil sollten zum Text passen. Kinder schauen sich zuerst die Bilder an. Diese müssen so gut sein, dass sie neugierig auf den Text machen und zum Lesen animieren.

 

Über das Schreiben

Als Autorin von Bilderbüchern ist es mir wichtig, dass der Text von Kindern verstanden wird. Er soll nicht belehrend oder „zu pädagogisch“ sein, trotzdem einen erzieherischen Wert haben. Interessant und peppig muss er sein, aber auf keinen Fall anbiedernd. Wenn Themen behandelt werden, die Angst oder traurig machen können, sollte am Ende eine Lösung oder zumindest etwas Tröstliches angeboten werden. Er sollte aus der Lebenswelt der Kinder entspringen oder ihre Empathie für Unbekanntes wecken.

 

Das Schreiben von Texten beginnt bei mir mit dem Sammeln von Ideen, die ich auf meinem Computer speichere. Aus diesen Ideen und Textfragmenten können sich dann Geschichten entwickeln.

 

Ich bin ein sehr visueller Mensch, eine Beobachterin. Mich inspirieren Bilder oder Szenen, die ich in meiner Umgebung wahrnehme. Aus diesem Grund reise ich viel, fahre gern mit der U-Bahn, sitze oft in Caféhäusern oder in der Natur und schaue den Menschen und Tieren beim Leben zu. Nie würde es mir unterwegs einfallen, in mein mobiles Telefon zu starren oder tippen, wie es zurzeit üblich ist. Was mir da entginge!

 

Eines meiner letzten Bücher, „Die Rabenrosa“ (Jungbrunnen, 2015), entstand zum Beispiel aus den Beobachtungen eines Rabennestes auf einem Baum vor meinem Haus in der Südsteiermark. Wie fürsorglich die Rabeneltern ihre Jungen versorgten. Ich hatte mir gewünscht, ganz nahe zu sein oder direkt im Nest zu sitzen, um das Geschehen besser verfolgen zu können. Titel und Bilder dazu entstanden aus dem Wunsch, die Farben Schwarz und Rosa zu kombinieren – also wieder meine visuelle Präferenz.

 

Das heißt, am Anfang eines Bilderbuches steht für gewöhnlich der Text. Mache ich nun Text und Illustration für ein Buch, kann es aber sehr wohl vorkommen, dass zu Beginn ein Bild oder eine beobachtete Szene steht. Dadurch angeregt entwickelt sich manchmal eine Geschichte. Wenn der Text „steht“, das heißt fertig lektoriert und vom Verlag freigegeben ist, beginne ich mit den Illustrationen. Dazu werden viele Skizzen, ein Storyboard und endlich die Farbillustrationen in Collage, Acrylmalerei oder Mischtechnik gemacht. Das kann schon ein bis zwei Monate dauern.

 

Sowohl das Illustrieren als auch das Schreiben von Bilderbüchern erfordern Kreativität und ein gewisses Talent. Aber ich glaube, beinahe ebenso wichtig sind Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Leidenschaft, Perfektionismus und Fleiß. Bilderbücher machen ist schön. Aber es ist auch unglaublich herausfordernd und anspruchsvoll. Die Latte liegt hoch. Ein gutes Bilderbuch soll niveauvoll, ästhetisch, außergewöhnlich, intelligent, humorvoll, poetisch, literarisch wertvoll und spannend sein. Das gilt es zu schaffen und noch ein bisschen mehr.

 

Literatur

  • Heinz Janisch/Helga Bansch: Die Brücke. Wien: Jungbrunnen, 2010.
  • Helga Bansch: Die Rabenrosa. Wien: Jungbrunnen, 2015.

 

 

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